Bewerbung um einen Arbeitsplatz als Daueraufgabe

Bewerbung um einen Arbeitsplatz als DaueraufgabeWeißwasser/O.L. / Běła Woda, 4. Februar 2022. Von Thomas Beier. Bewerben muss man sich im Leben ständig: Um einen Job, bei Kunden, bei der angehimmelten Partnerin oder beim Partner. Warum das tatsächlich eine Daueraufgabe ist, zeigt dieser Beitrag.

Abb.: Bei einem online geführten Bewerbungsgespräch sollte darauf geachtet werden, was alles im Bild der eigenen Kamera zu sehen ist
Foto: Tumisu, Pixabay License
Anzeige

Die Erfolgschancen im Arbeitsmarkt verbessern

Obwohl es um die Bewerbungen im Arbeitsmarkt geht, soll zunächst kurz die Kultur des sich Bewerbens im Mittelpunkt stehen. Als Beispiel ist eine Ehe oder Partnerschaft gut geeignet. Wer meint, nach all der Turtelei und Balzerei sei mit der Hochzeit endlich der Deckel drauf auf der Beziehung, irrt gewaltig: Halten erst Routine und Trägheit Einzug in den Alltag, ist das Beziehungsende manchmal näher, als man denkt. Gute und lebendige Beziehungen leben davon, dem Partner resp. der Partnerin immer wieder zu zeigen, wie wichtig er oder sie ist. Für diese ständige Neubewerbung um Huld und Gunst sind Aufmerksamkeiten und positive Überraschungen im Alltag bestens geeignet.

Auch Selbständige kennen die Rituale, wenn es darum geht, sich bei einem Kunden um einen Auftrag zu bewerben. Die Denke “Der Kunde will ja was!” ist dabei völlig fehl am Platz, denn zu einer guten Bewerbung um einen Auftrag gehört es in vielen Fällen, dass der Kunde erkennt, welchen Bedarf er wirklich hat. Anders gesagt: Viele Kunde fragen Waren oder Dienstleistungen nach, die sie kennen – was sie aber wirklich benötigen, kennen sie jedoch oft genug noch nicht. Für Anbieter eröffnet das große Chancen.

Wieder anders ist es, wenn es um die Bewerbung auf eine Arbeitsstelle geht. Als erfahrener Unternehmensberater kennt man selbstverständlich beide Seiten der Medaille: die Situation des Bewerbers, der natürlich damit punkten möchte, dass er die Erwartungen des gewünschten Arbeitgebers möglichst gut erfüllt, und die Sichtweise des Arbeitgebers.

Arbeitgeber in der Verantwortung

Bleiben wir zunächst beim Arbeitgeber. Hier ist zu unterscheiden zwischen jenen, die in der Personalauswahl qualifiziert und erfahren sind, und jenen, auf die das nicht zutrifft. Letztere sind weiter verbreitet, als man glauben sollte, was eine Bewerbung und ein Vorstellungsgespräch für Bewerber schwierig gestaltet. Basis dieser Prozesse sind nämlich die sogenannten wohltuenden Rituale, also Abläufe und Verhaltensweisen, auf die man sich verlassen kann. Sie bilden die Grundlage für die eigentlichen Faktoren der Personalauswahl. Ist die Arbeitgeberseite als jene, die gewöhnlich die Führung des Gesprächs innehat, davon völlig unbeleckt, sind Hopfen und Malz verloren.

Trifft ein Bewerber jedoch auf einen in Bewerbungsprozessen qualifizierten und erfahrenen Arbeitgeber, so liegt das Fehlerpotential bei ihm. Damit Bewerber möglichst "nichts falsch machen" und sich im besten Lichte präsentieren, werden von vielen Anbietern Bewerbertrainings durchgeführt, die jedoch oft genug kontraproduktiv wirken.

Als Bewerber der oder die Bessere sein

Typische Bewerbungsfehler sind immer wieder
    • übertrieben aufbereitete Bewerbungsunterlagen,
    • die Betonung von Phrasen wie Teamfähigkeit, Flexibilität oder Belastbarkeit sowie
    • unnatürliches Verhalten im Gespräch wegen künstlich antrainierter Verhaltensweisen.

Bei Bewerbungsunterlagen sollte genau darauf geachtet werden, in welcher Form diese angefordert sind. Oft wird auf die Papierform ganz verzichtet und bei vielen sind aufwendige Mappen oder Kunststoffhüllen im Sinne von Umweltschutz und Nachhaltigkeit unbeliebt.

Manche Unternehmen fordern Teamfähigkeit auch an Stellen, wo sie nicht nötig oder gar kontraproduktiv ist. Ein Buchhalter oder Controller etwa braucht klare Schnittstellen, aber Teamfähigkeit oder gar Teamgeist? Teamfähigkeit ist durch eine Reihe von Schlüsselfähigkeiten gekennzeichnet, beispielsweise der Einordnung persönlicher und gemeinsamer Ziele, der Bereitschaft, Verantwortung zu übernehmen und Informationen zu bringen, von denen man weiß, dass ein anderer sie benötigt. Hinterfragt man jedoch in Unternehmen, was unter der geforderten Teamfähigkeit zu verstehen ist, geht oft erst einmal das große Rätselraten los. Ein gutes Team zu haben ist weniger die Folge von mitgebrachten Eigenheiten der Mitarbeiter als vielmehr eine Führungsaufgabe!

Wer als Bewerber aber darauf trainiert wird, mit seinen Worten die vermuteten Erwartungen eines Arbeitgebers zu erfüllen, fällt durch. Dazu trägt übrigens bei, dass bei Stellenausschreibungen oft die Mehrzahl der Bewerber mit den absolut gleichen Argumenten – teamfähig, flexibel und belastbar – für sich wirbt. Das liefert keine Auswahlgrundlage und erscheint zudem unglaubwürdig. Anstelle der typischen Floskeln sollte man lieber andere Worte oder im Gespräch Beispiele aus konkreten Situationen verwenden.

Unprofessionelle Gesprächstrainings – noch dazu mit Videokamera zwecks Auswertung aufgezeichnet – können zu spürbar unnatürlichen Verhaltensweisen führen. Wer ein solches Training über sich ergehen lässt, sollte auf jeden Fall seine eigenen Schlüsse daraus ziehen. Wer sich hingegen nach Anleitung verhält, der muss bedenken: Der Gesprächspartner merkt das. Besonders auffällig ist das etwa bei Männern, die nicht gewohnt sind, im Anzug aufzutreten, sich für ein Bewerbungsgespräch aber hineinquetschen. Für einen guten Auftritt braucht man kein Schauspieltraining, die wichtigsten Regeln kann man sich an den Fingern einer Hand abzählen – und verstellen sollte man sich keinesfalls.

Überhaupt ist es wenig hilfreich, sich für eine Bewerbung nur auf die Unterlagen und das Bewerbungsgespräch zu konzentrieren, denn sich zu bewerben, das ist ein ständiger Prozess. Wer in Anstellung und damit in einer komfortablen Situation ist, dem gibt eine Bewerbung ein Feedback über seinen Wert im Arbeitsmarkt. Schwieriger ist es, wenn man arbeitslos ist.

Anhaltender Arbeitslosigkeit entrinnen

Für Arbeitslose gilt die Faustregel: Je länger die Arbeitslosigkeit andauert, umso schwieriger wird der Wiedereinstieg in den Arbeitsmarkt. Dann helfen bloße Bewerbertrainings im Grunde gar nichts: Der Arbeitsmarkt steht vor dem Betroffenen wie eine Wand, an der er immer wieder hochspringt und abgleitet, bis die Kraft zum Springen nicht mehr reicht. Hier setzen die Arbeitsagenturen und die Jobcenter mit dem sogenannten Aktivierungs- und Vermittlungsgutschein (AVGS) an.

Mit dem AVGS wird ein Coaching finanziert, das über die bloße Bewerbung hinausgeht und zudem Hilfe bei der Stellensuche bietet. Beschrieben werden die Möglichkeiten im Web, etwa wenn man ein AVGS Coaching in Berlin finden will. Derartige Coachings können ihre Wirkung aber nur dann entfalten, wenn sie der Arbeitsuchende als Hilfsangebot zur Selbsthilfe dafür begreift, Werbung für seine Fähigkeiten in der Arbeitswelt zu machen.

Die Fähigkeit, sich zu bewerben, will immer wieder trainiert sein. Auch deshalb sind Bewerbungen aus einer Anstellung heraus von Vorteil. Wer es aber verlernt hat, sich zu bewerben, für den ist ein Bewerbertraining und vor allem ein Coaching durchaus hilfreich.

Kommentare Lesermeinungen (0)
Lesermeinungen geben nicht unbedingt die Auffassung der Redaktion, sondern die persönliche Auffassung der Verfasser wieder. Die Redaktion behält sich das Recht zu sinnwahrender Kürzung vor.

Schreiben Sie Ihre Meinung!

Name:
Email:
Betreff:
Kommentar:
 
Informieren Sie mich über andere Lesermeinungen per E-Mail
 
 
 
Weitere Artikel aus dem Ressort Weitere Artikel
  • Quelle: Thomas Beier | Foto: Tumisu, Pixabay License
  • Erstellt am 04.02.2022 - 11:56Uhr | Zuletzt geändert am 04.02.2022 - 13:45Uhr
  • drucken Seite drucken
Anzeige