Braunkohle für Aussteiger

Weißwasser / Běła Woda, 27. Juni 2018. Von Thomas Beier. Strukturwandel in der Lausitz wie in Nordrhein-Westfalen und Sachsen-Anhalt: Noch hängen hier tausende gut bezahlte Arbeitsplätze und jene, die den Gutverdienern was verkaufen, von der Braunkohleverstromung ab. Doch die ist nicht umweltfreundlich, neben dem Treibhauseffekt verdreckt sie schlechtweg die Atemluft als Lebensmittel Nummer Eins mit Gasen, Feinstaub und Schwermetallen. Dabei wird der Braunkohlestrom schon binnen kurzer Zeit nicht mehr gebraucht, weder technologisch noch ökonomisch.

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Braunkohle – ein heißes Thema

Nun soll eine "Braunkohlekommission" den Braunkohleaustieg steuern und für Arbeitsplätze "danach" sorgen. Wie MDR Aktuell meldet, soll der sächsische Ex-Ministerpräsident Stanislaw Tillich Vorsitzender diese Kommission werden. In dessen fast zehnjährigen Amtszeit (2008 bis 2017) hatte sich jedoch die Abhängigkeit der strukturschwachen Lausitz von der Braunkohle nicht verringert, im Gegenteil, es wurden neue Abbauflächen geplant. Zu befürchten ist, dass ein Gezerre um Gelder für den Strukturwandel einsetzt, die nötigen Veränderungen aber als eher langfristige Strategien angelegt werden, über mehrere Jahrzehnte, die sich auf diese Weise jeder wissenschaftlich fundierten Vorhersage entziehen. Den Beschäftigten im Braunkohlesektor, gleich welchen Alters, ist damit nicht geholfen.

Geholfen ist aber auch niemandem, wenn das Zeitalter der Braunkohleverstromung künstlich verlängert wird. Fortschritt und Zukunftsrobustheit ergeben sich nun einmal aus Wandel und Veränderung, nicht aus dem Zementieren der Verhältnisse. Schon ist die Idee von Sonderwirtschaftszonen vom Tisch gewischt, dabei wäre es doch einfach nachzuschauen, welche Erfahrungen im Osten – von Polen bis China – damit gemacht wurden. Wie in der Braunkohlekommission Herrschaften aus Politik, Umweltverbänden, Unternehmen und Gewerkschaften mit ihren größtenteils divergierenden Interessen an einem Strick ziehen sollen, wird der Lösung des Gordischen Knotens gleichkommen. Ob da überhaupt jemand Ahnung davon hat, wie Wirtschaftsentwicklung funktioniert? Nicht dass wieder jemand auf die Idee kommt, einen chinesischen Autobauer in der Lausitz anzusiedeln...

Im Grunde geht es doch darum, wie nach dem Ende der Braunkohle Einkommen für die Menschen in den betroffenen Regionen generiert werden können. Wie schnell Qualifikationen und Berufserfahrungen nach dem Zusammenbruch ganzer Wirtschaftszweige wertlos werden, das haben die Leute in den neuen Bundesländern nie vergessen. Entsprechend groß ist die Angst vor den Unwägbarkeiten des unausweichlichen Wandels in der Erzeugung elektrischen Stroms. Anstelle eine Kommission aus Interessenvertretern und Lobbyisten zusammenzurühren wäre ein durch Experten erstellter Masterplan hilfreicher, aus dem sich Fakten ableiten lassen, die mit Politik, Gewerkschaften und Umweltverbänden diskutiert werden können.

Die Linkspartei lässt Sie nicht allein

Diskutieren will auch gern die Linkspartei in der Lausitzer Region, dort, wo noch Kohle gemacht wird. Die hat zwar auch keine Lösungen, verspricht aber "Wir lassen Sie nicht allein". Wer diese Partei, damals noch als SED firmierend, zu "DDR"-Zeiten erleben durfte, der weiß, das man dieses Motto verdammt ernst nehmen sollte.

Aber die Linke als Nachfolger ist ja ideologisch von der SED so weit entfernt, na, sagen wir, wie die AfD von der NSDAP in den Zwanzigerjahren. In beiden Parteien spielen Frauen zentrale Rollen. Bei den Linken zählt dazu die Parteivorsitzende und Bundestagsabgeordnete Katja Kipping. Mit ihr – und dazu Vertretern des Kreisverbands der Linkspartei – kann man im Juli einen Mittwoch verbringen. Dafür gibt es einen Plan.

Mittwoch. 11. Juli 2018

  • 10 Uhr, Gutenbergstraße 17, 02943 Weißwasser/O.L.:
    Im Büro der linken Landtagsabgeordneten Kathrin Kagelmann ist eine offene Gesprächsrunde über die Herausforderungen des Strukturwandels in der Oberlausitz angesetzt. Neben Kipping und Kagelmann sind auch der Vorsitzende des Stadtvereins Weißwasser e.V. Frank Schwarzkopf, Vertreter der WBG-Wohnungsbaugesellschaft und der Arbeiterwohlfahrt dabei, um sich mit Bürgern, die herzlich eingeladen sind, auszutauschen.

  • 12 Uhr:
    Am Büro startet eine Fahrradtour über Gablenz / Jabłońc nach Bad Muskau / Mužakow. Fahrradwege und Tourismus liegen, wie das Regionalbüro Görlitz der Landesgruppe Sachsen der Linken im Bundestag mitteilt, Kipping und den Mitgliedern der Linken im Kreistag und den Stadträten am Herzen: "Sie freuen sich auf interessante Gespräche." Wer Lust hat, kann gerne mitstrampeln.

  • 13 Uhr, Marktplatz, 02953 Bad Muskau:
    Hier kann man direkt mit den Linken sprechen. Kipping und Kreistags-Fraktionsmitglieder locken mit der Einladung zu Eis oder auf ein Stück, um von Bürgern Anregungen und Hinweise zu erhalten. Das sollten am Gespräch interessierte Bürger und Leckermäulchen nutzen.

  • 14.30 Uhr:
    Die Linken besuchen einen ambulanten Pflegedienst, um sich ein Bild vom Pflegenotstand und der Personalknappheit zu machen.

  • 15.30 Uhr:
    Ein Gespräch mit Leuten von der Stiftung "Fürst-Pückler-Park Bad Muskau" steht im Programm.

  • 18 Uhr, 02953 Krauschwitz i.d.O.L. / Krušwica:
    Nun lädt die Linkspartei in das Krauschwitzer Gasthaus "Zur Linde" ein eine weitere Gelegenheit für Fragen und Anregungen, die Kipping in die parlamentarische Arbeit der Linkspartei einfließen lassen will. "Wir lassen Sie nicht allein", verspricht die Parteivorsitzende. Vielleicht meint sie jetzt aber eine der beiden Fußballmannschaften, denen man an diesem Abend in der Linde ab 20 Uhr bei Spiel in St. Petersburg zugucken kann.

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  • Quelle: Thomas Beier
  • Erstellt am 27.06.2018 - 11:10Uhr | Zuletzt geändert am 10.05.2021 - 15:23Uhr
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