101. Geburtstag der letzten Überlebenden der Widerstandsgruppe Weiße Rose

101. Geburtstag der letzten Überlebenden der Widerstandsgruppe Weiße RoseCottbus / Chóśebuz | South Carolina, 5. Mai 2020. Am 3. Mai 2020 feierte Traute Lafrenz, die letzte Überlebende der Widerstandsgruppe Weiße Rose, in ihrer US-amerikanischen Heimat ihren 101. Geburtstag. Sie war in den Jahren 1942/43 aktiv an der Flugblattverteilung der studentischen Widerstandsgruppe beteiligt. Ende 1942 brachte sie Flugblätter nach Wien und Hamburg, besorgte zusammen mit Sophie Scholl Papier und Briefmarken für die Flugblätter und verteilte diese mit ihr in München.

Gedenkstätte Zuchthaus Cottbus, Torhaus
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Eingesperrt im Frauenzuchthaus Cottbus

Traute Lafrenz war zusammen mit acht weiteren Frauen des Hamburger Zweigs der Weißen Rose von November 1944 bis Februar 1945 im Frauenzuchthaus Cottbus, einem Teil der versteckt an der Bautzener Straße gelegenen Zuchthausanlage, inhaftiert. Lange wurden der Einfluss von Traute Lafrenz und ihre Beteiligung an den Flugblattaktionen in der öffentlichen Erinnerung unterschätzt.

Die Geschichte der Traute Lafrenz

Nach dem Studium der Medizin in Hamburg wechselte Traute Lafrenz 1941 an die Universität München, wo sie Alexander Schmorell, den sie bereits aus ihrer Hamburger Zeit kannte, erneut begegnete. Sie freundete sich mit Hans Scholl an – ein Liebespaar für einen Sommer. Nach der Trennung von ihm blieb sie der Familie Scholl verbunden, zu der sie am 19. Februar 1943, nach der Verhaftung von Hans und Sophie, nach Ulm fuhr. Traute Lafrenz war auch als Einzige außerhalb der Familie bei der Beerdigung der beiden dabei. Zusammen mit Werner Scholl fuhr sie auch zur Frau von Christoph Probst an den Tegernsee, um von ihr die Unterschrift für ein Gnadengesuch zu bekommen.

Im zweiten Weiße Rose-Prozess wurde Traute Lafrenz am 19. April 1943 vom berüchtigten Präsidenten des Volksgerichtshofes Roland Freisler wegen "Mitwisserschaft" zu einem Jahr Gefängnis verurteilt. Glück im Unglück: Es war ihr gelungen, ihre tatsächliche Mitwirkung am Widerstand der Gruppe zu verschleiern. Nach ihrer Entlassung aus dem Gefängnis in München kehrte Traute Lafrenz im März 1944 nach Hamburg zurück und geriet dort im Zuge der Ermittlungen gegen den Hamburger Zweig der Weißen Rose erneut in Untersuchungshaft mit vielen Gestapo-Verhören.

Bis zur Befreiung bei Kriegsende durch die Amerikaner war sie insgesamt in vier Gefängnissen inhaftiert – Hamburg, Cottbus, Leipzig und Bayreuth. 1947 emigrierte Traute Lafrenz in die USA, heiratete den Arzt Vernon Page und arbeitete als Ärztin in einer heilpädagogischen Klinik. Heute lebt Sie in South Carolina.

Das Menschenrechtszentrum Cottbus und Traute Lafrenz

Das Menschenrechtszentrum Cottbus steht seit Jahren in engem Kontakt mit Traute Lafrenz-Page, wie sie heute heißt. Bereits seit 2013 wird ihr Wirken bei der Weißen Rose in der Dauerausstellung "Karierte Wolken - politische Haft im Zuchthaus Cottbus 1933 - 1989" gewürdigt. Noch im hohen Alter von 100 Jahren unterstützte sie aktiv das Engagement und die Ziele des Menschenrechtszentrums Cottbus.

Im Jahr 2018 erteilte sie ihre Genehmigung, ein für den Ausbau vorgesehenes Gelände des ehemaligen Gefängnisses als "Traute Lafrenz Bildungs- und Begegnungszentrum Cottbus" zu benennen. Darüber hinaus spendete sie im Jahr 2019 1.200 US-Dollar für ei Projekt des Menschenrechtszentrums Cottbus im Nordirak, mit dem der Wiederaufbau der chaldäischen St. Jakob-Kirche unterstützt wird.

Das Menschenrechtszentrum Cottbus ist entstanden aus einem Zuchthaus, in dem die SED dem "DDR"-Regime gegenüber politisch nicht loyale Bürger teils auf Basis zusammengezimmerter Anklagen, die üblicherweise nicht ausgehändigt wurden, einlochen ließ. Ehemalige Insassen haben den mitten in Cottbus gelegenen Knast später selbst gekauft und hier neben einer Dauerausstellung das Menschenrechtszentrum eingerichtet.

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  • Quelle: red | Foto: © Görlitzer Anzeiger
  • Erstellt am 05.05.2020 - 09:08Uhr | Zuletzt geändert am 09.12.2021 - 18:37Uhr
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