Erinnerung an den Hungerstreik in Cottbus
Cottbus / Chóśebuz, 3. Dezember 2021. Obgleich in der "DDR" bis 1968 Zuchthausstrafen verhängt wurden, galt das Zuchthaus – zumindest als Begriff – als abgeschafft. Die Knäste der SED-Diktatur hießen Strafvollzugsanstalten (StVA), später Strafvollzugseinrichtungen (StVE). Allerdings trifft die Bezeichnung "Zuchthaus Cottbus" dennoch zu, denn dieser Knast erfüllte wie viele andere auch, die Zuchthaus-Kriterien: Arbeitszwang und verschärfte Haftbedingungen.
Abb. Nachstellung eine der überbelegten Zellen von Jörg Beier und Gino Kuhnt
Foto: © Görlitzer Anzeiger
Solidarität mit Solidarność!

Unmittelbar vor der Zuchthausmauer hatten Wärter ihre Erholungsgärten
Foto: © Görlitzer Anzeiger
Das sollte man als Hintergrund wissen, wenn am Freitag, dem 10. Dezember 2021, dem Internationalen Tag der Menschenrechte, an den Hungerstreik vor 40 Jahren in der StVE Cottbus erinnert wird. Was war geschehen?
Die unabhängige polnische Gewerkschaft Solidarność, die durch das Kriegsrecht in Polen unterdrückt wurde, hatte für den 17. Dezember 1981 zu einem Generalstreik in Polen aufgerufen. Davon erfuhren die in Cottbus fast ausnahmslos aus politischen Gründen eingelochten Häftlinge in der Strafvollzugsreinrichtung Cottbus aus dem SED-Zentralorgan "Neues Deutschland", die in den Zellen gelesen werden durfte. Daraufhin solidarisierten sich zahlreiche von ihnen mit Solidarność und riefen zu einem Solidaritätshungerstreik am 17. Dezember 1981 auf.
Mit handgeschriebenen Zetteln sich die Häftlinge gegenseitig informiert: "17. Dezember – Kampftag von Solidarność – Donnerstag-Mittag Solidaritätshungerstreik – Solidaritäts-Komitee politischer Häftlinge". Mitgefangene berichteten von insgesamt etwa 350 Streikenden. Das Strafvollzugspersonal reagierte mit zahlreichen Sanktionen, die vom Verbot des Angehörigenbesuchs bis zur Isolationshaft reichten. Die beiden Anführer des Streikaufrufs erhielten für die Herstellung und Verbreitung der Aufrufe zusätzliche Freiheitsstrafen von je einem Jahr und zehn Monaten.
Vierzig Jahre später soll nun in Anwesenheit der am Hungerstreik beteiligten Häftlinge Bernd Schalbe und Thomas Zaremba an die in Deutschland weithin unbekannte Aktion der deutsch-polnischen Solidarität und an die mutige Zivilcourage hunderter Cottbuser Häftlinge erinnert werden.
Zu Beginn der Veranstaltung wird ab 16.30 Uhr der 2014 gedrehte Dokumentarfilm von Rosalia Romaniec von der deutschen Welle und Magdalena Gwóźdź vom polnischen Fernsehsender TVP "LERNT POLNISCH – DDR-Oppositionelle und die Solidarność" gezeigt. Im Film kommen auch Hungerstreikende zu Wort.
Ab 17.40 Uhr ist eine Diskussion "Zivilcourage, Freiheit und Solidarität – verbindende Werte für Polen und Deutsche?" vorgesehen. Zum Ende der Veranstaltung wollen die beiden anwesenden Häftlinge die ihnen in Danzig (Gdańsk) 2016 verliehenen Dankbarkeitsmedaillen des Europäischen Solidarność-Zentrums dem Menschenrechtszentrum Cottbus für die Ausstellung übergeben. Die Veranstaltung findet in der ehemaligen Pentacon-Halle statt, wo einst die Flugblätter mit dem Aufruf zum Hungerstreik von Hand zu Hand wanderten.
Dabeisein!
Publikum ist vor Ort wegen der Coronapandemie nicht zugelassen, es kann aber gern online teilgenommen werden.
Die Veranstaltung wird aus öffentlichen Mitteln finanziert. Gut so.
Mehr erfahren im Görlitzer Anzeiger!



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- Quelle: red | Fotos: © Görlitzer Anzeiger
- Erstellt am 03.12.2021 - 15:56Uhr | Zuletzt geändert am 03.12.2021 - 17:10Uhr
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