Chemnitz und sein Grünes Gewölbe
Chemnitz, 9. Dezember 2021. Von Thomas Beier. "Aber das Grüne Gewölbe befindet sich doch in Dresden!", wird mancher angesicht der Überschrift stutzig werden. Das stimmt, doch so, wie sich Chemnitz und Dresden als Städte auf extreme Weise unterscheiden, unterscheiden sich auch ihre Grünen Gewölbe.
Zeugnisse sächsischer Industriegeschichte in Chemnitz
Das echte Grüne Gewölbe, die Museumssammlung der ehemaligen Schatzkammer der Wettiner Fürsten, befindet sich selbstverständlich in Dresden und wird auch dort bleiben. Doch nein, selbstverständlich ist das nicht, denn während des Zweiten Weltkrieges war das Grüne Gewölbe in die Festung Königstein ausgelagert, gelangte nach Kriegsende in die Sowjetunion und kehrte erst 1958 nach Dresden zurück. Anschließend wurde es bis zum Jahr 2004 im Albertinum gezeigt. 2004 wurde das Neue Grüne Gewölbe im Residenzschloss eröffnet und 2006 schließlich eine Etage tiefer, im Erdgeschoss, das Historische Grüne Gewölbe am historischen Ort und in etwa im Zustand wie zur Zeit Augusts des Starken.
Mit dem Chemnitzer Grünen Gewölbe verhält es sich ein wenig, nein, deutlich anders: "Grünes Gewölbe" wird hier das Sächsische Industriemuseum an der Zwickauer Straße genannt, genauer: Das Grüne Gewölbe der Sächsischen Industriegeschichte. Hier gewesen zu sein ist für jeden Sachsen Pflicht! Es ist einer der Orte, an denen man sich als Sachse guten Gewissens wohl in seiner Haut fühlen darf – und vielleicht ein bissel stolz sein darauf, was die Vorfahren geleistet haben: Immerhin ist die sächsische Industriegeschichte eine Erfolgsgeschichte, gemeinsam mit den Leistungen in der Bildung und etwa im Bergbau.
Was es nicht alles in diesem Museum zu entdecken gibt! – etwa die Modelle, wie die Robur-Lkw aus Zittau, der W50 aus Ludwigsfelde, die Trabis, die Wartburgs hätten aussehen können, hatte die "Partei und Staatsführung" nicht die Meinung vertreten, das sei nicht notwendig. Eine ganze historische Werkstatt mit Transmissionsantrieb ist zu sehen und etliche Details, Relikte und Devotionalien sächsischer Industrie- und Wirtschaftsgeschichte wie die original erhaltene Leuchtreklame des "Glück auf"-Kaufhauses der Handelsorganisation Wismut in Chemnitz, unweit der bei ihrer Errichtung im Jahr 1968 supermodernen zentralen Haltestelle der Fernbusse. Wer sich einen Eindruck von den Ausstellungen verschaffen möchte, kann das Video ansehen, das beim Flug von Minidrohnen durch das Museum entstanden ist.
Industrie heute
Das Industriemuseum schlägt zwar die Brücke bis zur Gegenwart, wenn etwa die Montage einer Autokarosserie mit Hilfe von Industrierobotern gezeigt wird, aber wirklich neu ist das nun auch wieder nicht. Überhaupt zeigt sich, dass vieles noch immer so gehandhabt wird wie damals vor vielen Jahrzehnten in der, wenn man sie so nennen will, alten Industrie. Wer jemals in den Werkhallen des Maschinenbaus oder in Gießereien unterwegs war, kennt beispielsweise die Kettenzüge, mit denen schwere Teile angehoben werden und sogar transportiert werden können, wenn der Kettenzug an einem Doppel-T-Träger fahrbar aufgehängt ist.Heute sieht so ein Kettenzug natürlich zeitgemäß schick aus, aber am Grundprinzip hat sich nichts geändert, wenn man davon absieht, dass heute vor allem Elektrokettenzüge eingesetzt werden. Ein Anbieter hat zusammengestellt, welche Dimensionierungen, Steuerungen, Antriebe und nicht zuletzt Hubhöhen zur Auswahl stehen, wenn man solide Elektrokettenzüge kaufen und einsetzen möchte.
Ein ungewöhnliche Anwendung
Eine im wahrsten Sinne höchst ungewöhnliche Anwendung eines Elektrokettenzuges konnte man in den 1980er Jahren im Leipziger Waldstraßenviertel erleben. Der Besitzer einen fünfgeschossigen Wohnhauses wohnte unter dem Dach und grübelte, wie er das leidige Schleppen der Briketteimer für die Beheizung seiner großen Wohnung besser in den Griff bekommen könne. Die Lösung lag nahe, denn das Treppenhaus war als über alle Etagen gehende Wendeltreppe mit großem Auge – also an der Wand befestigt und innen frei – ausgeführt.Wo er den Elektrokettenzug damals aufgetrieben hat, ist nicht überliefert, aber eines Tages schwebte der erste Briketteimer am Elektrokettenzug im Inneren der Wendeltreppe direkt aus dem Keller in die Höhe, immerhin um die 16 Meter. Und weil das damals niemanden so richtig interessierte, völlig ungesichert. Nicht auszudenken, wenn der Henkel des Eimers abgerissen wäre! Weil sich die Anlage aber herumsprach und sie alsbald jeder kannte, machte jeder vorsorglich einen großen Bogen um den potentiellen Eimerlandeplatz. Könnte man sich das heute vorstellen?
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- Quelle: Thomas Beier | Fotos: © BeierMedia.de
- Erstellt am 09.12.2021 - 18:41Uhr | Zuletzt geändert am 10.12.2021 - 09:02Uhr
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